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Dienstag, 6. Dezember 2011

Die Realität

Es ist ein sonniger Wintertag. Sonntag. Die Bäume und Sträucher sind noch von Reif bedeckt. Es ist bitterkalt. Draussen. Innen eigentlich auch. Die Heizung ist irgendwie defekt und funktioniert nur nach längerem gutem Zureden. Da man nie weiss, wann das Baby wieder aufwacht, nehme ich mir schnell ein Glas Apfelsaft. Keine Zeit mit Wasserkochen verschwenden. Oh wei - heute mittag ist Besuch angesagt. Kein Kuchen oder Ähnliches im Haus. Wenn man ja wüßte, wie lang das Gör schläft. Ganz schnell ne Backmischung aus der Speisekammer geholt und losgelegt. Der Teig ist ruck-zuck gerührt, ab in die Form und in den Ofen. Zum Abwaschen komme ich leider nicht, weil das Baby sich mit großem Geschrei aus dem Kinderzimmer meldet. Es hat wohl schlecht geträumt, ist furchtbar hungrig und überhaupt schlecht gelaunt. Schnell nehme ich es aus dem Bett und hole im Vorbeigehen ein Gläschen Brei aus dem Kühlschrank, was man nicht aufwärmen muss. Das Baby mag kalten Brei nur bedingt und isst entsprechend unlustig. Schmiert seinen überschüssigen Brei an meinen Pulli. Zum Glück hab ich mich noch nicht umgezogen. Nach langem hartem Kampf gebe ich mich geschlagen und drücke dem Baby einen Keks in die Hand. Es beginnt auch sofort, daran herumzunagen. Ich düse in die Küche, lasse Abwaschwasser ein und spüle im Rekordtempo. Das Baby zerkrümelt derweil den Keks und lässt sämtliche Brösel fasziniert aus dem Hochstuhl fallen. Egal, hauptsache es hält kurzfristig die Klappe. Duschen spare ich mir heute, ziehe nur schnell was Frisches an. Kaum fertig, höre ich hustende Geräusche aus dem Wohnzimmer. Das Baby hat einen hochroten Kopf und würgt an einem Keksbrocken herum. Rasch nehme ich es auf den Arm, wo es besagtes Keksteil samt kaltem Brei auf meinen frischen Pulli bricht. Danke! Weg mit dem Pulli. Baby säubern. Beim Gesicht waschen brüllt es, als wolle man ihm ans Leben. Irgendwie fühlt sich der Strampler feucht an, so in der Windelgegend. Ausgelaufen. Von wegen Nässeschutz und Ultra-Dry. Also ausser dem Strampler auch noch den Body austauschen. Anziehen lassen mag sich das Baby ebensowenig wie kalten Brei und Gesicht waschen. In meiner Hektik erwische ich die exklusive Pfingstochsen-Kollektion, bestehend aus blau-weiss-geringeltem Pulli, rotgeblümter Hose und grünen Dino-Socken. Wurscht, denn mir ist gerade siedend heiß der Kuchen im Ofen eingefallen. Das Baby auf dem Arm öffne ich die Ofentür, Qualm schlägt uns entgegen und das Baby hustet. Einhändig rette ich den Kuchen, so schnell das eben geht. Naja, wenn reichlich Puderzucker drauf ist, wirds schon gehen. Hoffentlich geht er nachher aus der Form ohne in 1000 Teile zu zerfallen. Ich bringe das Baby in den Laufstall, da kann es wenigstens nichts anstellen. Entgegen meiner Erwartung spielt es mit seinen Bauklötzen. Ich verschwinde wieder in der Küche und doktere an meinem Kuchen herum. Dann reiße ich erst mal sämtliche Fenster auf, denn vom Weihnachtsduft merkt man vor lauter Qualm nichts. Auch die Duftlampe kann daran nichts ändern. Nachdem der Tisch im Wohnzimmer gedeckt ist, weigert sich das Baby, weiterhin im Laufstall zu spielen. Also wird es herumgeschleppt, damit es zumindest nicht die Tischdecke vom Tisch reißt. 13.30 Uhr. Es klingelt. Der Besuch war für 14 Uhr geplant! Baby hat jetzt keine Lust auf Besuch und plärrt sämtliche Tanten, die duzi-duzi mit ihm machen wollen, erst einmal an. Sitzt man dann glücklich am Kaffeetisch, wird die Frage diskutiert, ob Hausfrauen- und Mutter-Dasein eine junge Frau wirklich ausfüllen kann!

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